https://doi.org/10.31261/ZDP.2019.20.25
Die erste Tschechisch-Slowakische Republik wurde im Herbst 1918 gegrün- det. Diesem Datum gingen vor einigen Jahren interne und vor allem externe Maßnahmen (von den USA, Frankreich, der Schweiz, Russland) voraus, die die Schaffung des ersten gemeinsamen Staates der Tschechen und Slowaken erleichterten und beschleunigten. Dazu gehörten: Gründung des Tschechisch-Slowakischen Nationalrats in Paris; Abkommen zwischen tschechischen und slowakischen Organisationen von 1915 (das Cleveland-Abkommen) und Abkommen von 1918 (das Pittsburgh-Abkommen); Schaffung tschechisch-slowakischer Legionen in Italien, Frankreich und Russland; millionste Geldsammlung unter slowakischen Auswanderern für den Aufbau ei- nes gemeinsamen Staates; Anerkennung des Tschechoslowakischen Nationalrats als Übergangs- regierung der Tschechisch-Slowakischen Republik durch die USA, Frankreich, Italien, England und Russland.
Von Anfang an war das Ungleichgewicht zwischen der rechtlichen und tatsächlichen Stel- lung der Tschechen und Slowaken im politischen System des neuen Staates sichtbar. Ein klassi- sches Beispiel für dieses Ungleichgewicht waren die Gründung der Ersten Republik durch den Beschluss des Tschechischen Nationalkomitees vom 28. Oktober 1918 in Prag, ohne auf die Zu- stimmung des Slowakischen Nationalrates in Turč. Sv. Martin zu warten, die in der Erklärung vom 30. Oktober 1918 zum Ausdruck kam und kurz darauf die Auflösung des Rates, obwohl seine Erklärung besagte, dass der Rat die einzige Vertretung des slowakischen Volkes sei.
Die konsequente Fortsetzung der zentralistischen Politik Prags war die Idee des Tschechos- lowakismus, die in der Verfassung vom 29. Februar 1920 und in anderen Verfassungsgesetzen (auch vom 29. Februar 1920) festgeschrieben wurde und die annimmt, dass es keine eigene slo- wakische Nation gibt und die Slowaken nur ein Zweig der tschechischen Nation sind. Diese Stel- lungnahme von T.G. Masaryk, E. Beneš, Hlasisten und Prudisten führten zu einem 20-jährigen Streit zwischen Zentralisten und slowakischen Autonomisten, die von dem Vorsitzenden der Slo- wakischen Volkspartei, Priester Andrej Hlinka vertreten waren.
Das Verfassungsgesetz über die Errichtung von Salinen- und Kreisämtern vom 29. Februar 1920 führte zur Etatisierung der öffentlichen Verwaltung, d.h. zu einer erheblichen Einschrän- kung der Selbstverwaltung. In den Kreisen der Zentralbehörden und Befürworter der Idee des Tschechoslowakismus wurde die Ansicht vertreten, dass slowakische Autonomisten um die Au- tonomie nicht kämpfen müssen, weil diese sie bereits nach dem Inkrafttreten des Salinengeset- zes haben.
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Bd. 12 (2019)
Veröffentlicht: 2020-04-16