https://doi.org/10.31261/ZDP.2019.20.34
Jewgienij Bronisławowicz Paszukanis (1891—1937) wird als der einfluss- reichste Rechtstheoretiker in Sowjetrussland bezeichnet. In dem 1924, 1925 und 1927 erschiene- nen Buch Allgemeine Rechtstheorie und Marxismus definiert er das Recht als eine Form, die die reale Beziehung zwischen Menschen im Prozess der Produktion und des Austauschs von Waren zum Ausdruck bringt; eine Form, deren höchster Ausdruck die Rechtsstaatlichkeit ist, wenn sie zur Mystifizierung wird sowie einen echten und tiefen Interessenkonflikt verbirgt. Paszukanis war zutiefst davon überzeugt, dass im Kommunismus jede Form von Recht verloren geht, weil der Klasseninteressenkonflikt verschwindet. Er wiederholte auch Marx’ Prophezeiung aus dem Kommunistischen Manifest, dass der Kapitalismus verschwindet. Karl Raimund Popper zeigte und kritisierte, dass die Prophezeiung falsch ist und die Geschichte keine Wissenschaft wie Phy- sik ist. Die Einschränkung des Rechts, die darauf abzielt, nur Klasseninteressen auszudrücken, ist ebenfalls falsch, weil viele gesetzliche Bestimmungen nicht mit dem wirtschaftlichen Inter- esse zusammenhängen. Die These, dass das Recht nur in der bürgerlichen Gesellschaft existiert, veranlasste die Machthaber Sowjetrusslands zweifellos dazu, das Gesetz zu verachten, wenn man berücksichtigt, dass sein Buch in der Bildung bekannt war und verwendet wurde. Inter-essant ist die Tatsache, dass in der Volksrepublik Polen das Buch im Jahre 1985 in polnischer Sprache herausgegeben wurde und mit dem Kommentar versehen war, dass es eine wichtige und belehrende Rechtstheorie darstellt.
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Bd. 12 (2019)
Veröffentlicht: 2020-04-16