https://doi.org/10.31261/ZDP.2019.20.47
Das Strafbefehlsverfahren, in dem die Erledigung von geringfügigen Ord- nungswidrigkeiten ohne Beteiligung einer beschuldigten Person vorgesehen war, funktionierte in Volkspolen trotz der Einführung des Grundsatzes der Kollegialrechtsprechung unter Einbe- ziehung des sozialen Faktors im Dezember 1951. Die damals ins Leben gerufenen Kollegien ent- schieden in der Verhandlung, während die Strafbefehle allein vom Präsidenten des Kollegiums erteilt wurden. Die Grundlage für die Erteilung eines Strafbefehls bildeten die in den Straf- anträgen enthaltenen Informationen, was wegen der nachlässigen Vorbereitung dieser Anträge durch die Strafverfolgungsbehörden zur maschinellen Bestrafung der Beschuldigten führte, ohne die tatsächlichen Umstände des Falls zu prüfen. In den 1950er-Jahren wurde das Strafbefehls- verfahren in hohem Maße ausgenutzt, um der Verjährung in solchen Fällen vorzubeugen, die nicht rechtzeitig zur Verhandlung durch das Kollegium eingewiesen wurden. Es war eine gängige Praxis, Strafbefehle in denjenigen Fällen zu erteilen, die aufgrund ihrer besonderen Schwere vor Gericht geklärt werden sollten. Nachdem das Problem der Auswahl von Strafanträgen im Straf- befehlsverfahren zu Beginn der sechziger Jahre gemeistert worden war, wurden nur Straftaten von geringer Schwere entschieden. Mit der allmählichen Verschärfung des repressiven Charak- ters des polnischen Ordnungswidrigkeitenrechts nahm die Bedeutung des Strafbefehlsverfahrens in den siebziger und achtziger Jahren ab, weil es möglich war, nur geringe Geldstrafen durch Strafbefehle aufzuerlegen. Die durch die kommunistischen Behörden angenommenen Annah- men der Strafpolitik, die sich auf die Fälle von Ordnungswidrigkeiten bezogen, setzten nämlich strenge Strafen voraus, um die politische Opposition zu bekämpfen und die Gesellschaft einzu- schüchtern.
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Bd. 12 (2019)
Veröffentlicht: 2020-04-16