Kinder auf der Flucht – literaturdidaktisches Potenzial von Michael Köhlmeiers Roman Das Mädchen mit dem Fingerhut
Abstract
Michael Köhlmeiers Roman Das Mädchen mit dem Fingerhut (2016) über das Ankommen und Leben eines Flüchtlingskindes in einer fremden Gesellschaft greift die Themen Fremdheit, Sprachunfähigkeit, Integration von Kindern und Jugendlichen auf. Die narrative Gestaltung von Migrations- und Fluchtprozessen sowie die Darstellung von Fremdheitserfahrungen in der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur birgt bekanntlich ein pädagogisches Potenzial und einen didaktischen Mehrwert in der Hinsicht, dass die Behandlung von Fluchtliteratur im Unterricht über die Entwicklung textanalytischer Kompetenzen hinaus insbesondere das interkulturelle Lernen und die Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler für komplexe Themen der Gegenwart ermöglicht. Mit Blick auf die soziale und gesellschaftliche Dimension von Flucht stellt der vorliegende Beitrag literaturwissenschaftliche Überlegungen zu Michael Köhlmeiers Roman Das Mädchen mit dem Fingerhut an und untersucht seine literaturdidaktische Relevanz bzw. prüft in Anlehnung an Byrams Modell zur Beschreibung interkultureller Kompetenzen und Spinners Aspekte literarischen Lernens, inwiefern Köhlmeiers Text als Unterrichtsgegenstand legitimiert werden kann.
Schlagworte
Michael Köhlmeier; Fluchtliteratur; interkulturelles Lernen; Literaturdidaktik
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